In diesem Artikel geht es um eine gefährliche Leidenschaft, nämlich das Gefühl, das mit Eifer sucht, was Leiden schafft: die Eifersucht. Die Psychologie beschreibt sie als eine komplexe Emotion, die aus Angst vor einem – gefühlten oder realen – drohenden Verlust, Unsicherheit und Wut besteht.

Sie kann aber ebenfalls als eine evolutionär verankerte Schutzfunktion für wertvolle Beziehungen gesehen werden, welche dafür da ist, um die gute und sichere Entwicklung der nächsten Generation zu garantieren. Eifersucht wird außerdem stark von der individuellen Geschichte der betroffenen Person beeinflusst. Gesellschaftliche Faktoren stellen ebenfalls eine bedeutende Ursache für das Entstehen dieser gefährlichen Leidenschaft.

In diesem Artikel fasse ich verschiedene Aspekte und mögliche Faktoren zusammen, die zu Eifersucht führen können.

"Natur oder Kultur: Wie entsteht diese gefährliche Leidenschaft?

Die Debatte darüber, ob geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Eifersucht auf die Evolution oder auf soziale Konstrukte zurückzuführen sind, umfasst zwei Hauptstandpunkte:

  • Die Evolutionspsychologie geht davon aus, dass Eifersucht sich adaptiv entwickelt hat, um die nächste Generation zu ermöglichen und sie in Sicherheit aufwachsen zu lassen.
  • Im Gegensatz dazu argumentiert die Theorie der sozialen Konstrukte, dass Eifersucht durch kulturelle Normen und historische Kontexte geprägt ist, was bedeutet, dass die Erfahrung und der Ausdruck von Eifersucht je nach Gesellschaft und Zeitperiode variieren.

Evolutionäre Perspektive

Die Evolutionspsychologie geht davon aus, dass sexuelle Untreue für Männer eine größere Bedrohung darstellt, da sie dazu führen könnte, dass ein Mann unwissentlich Ressourcen in Nachkommen investiert, die nicht seine eigenen sind. Emotionale Untreue wird als größere Bedrohung für Frauen angesehen, da sie zu einem Verlust des Engagements und der Ressourcen ihres Partners führen könnte.

Einige Studien haben gezeigt, dass ein größerer Anteil von Männern als von Frauen in hypothetischen Szenarien mehr Leid über sexuelle Untreue angibt. Evolutionspsycholog*innen vermuten auch, dass Männer und Frauen aufgrund dieser evolutionären Unterschiede unterschiedliche Strategien anwenden, um ihre Partner*innen zu schützen.

Jeder Mensch, der lebt, ist eine evolutionäre Erfolgsgeschichte

Wie der amerikanische Entwicklungspsychologe David Buss in seinem Buch „The Dangerous Passion: Why Jealousy Is as Necessary as Love and Sex“ schreibt: „Als ihre Nachkommen haben wir diese [gefährliche] Leidenschaft geerbt, die zum Erfolg geführt hat – eine Leidenschaft, die uns oft blind durch eine lebenslange Reise im Kampf ums Überleben, im Streben nach Position und auf der Suche nach Beziehungen treibt.“

„Nicht eifersüchtige Männer und Frauen sind nicht unsere Vorfahren“, führt Buss weiter, „wir alle stammen von einer langen Reihe von Vorfahren ab, die diese gefährliche Leidenschaft besaßen. Eifersucht ist laut dieser Theorie eine Anpassung. Eine Anpassung ist in der Sprache der Evolutionspsychologie eine entwickelte Lösung für ein wiederkehrendes Problem des Überlebens oder der Fortpflanzung.“

Eifersucht ist emotionale Weisheit, die nicht bewusst artikuliert wird und uns über Millionen von Jahren von unseren erfolgreichen Vorfahren weitergegeben wurde. Eifersucht stellte eine Form der Weisheit unserer Vorfahren dar, die sowohl nützliche als auch zerstörerische Folgen haben kann. Die überwiegende Mehrheit der Eifersuchtsepisoden sind Ausdrucksformen wirksamer Bewältigungsstrategien, die dazu dienen, mit realen Bedrohungen für unsere Beziehungen umzugehen.

Wie entstand Eifersucht?

David Buss liefert eine plausible Erklärung zur Entstehung von Eifersucht. Er fragt sich, ob sich eine Frau immer nur auf einen einzigen Mann verlassen konnte. Was wäre, wenn er sie verlassen würde, um mit einer anderen Frau zusammen zu sein? Was wäre, wenn er krank würde oder sich verletzen würde und dadurch nicht mehr jagen könnte? Und was würde sie tun, wenn ihr Mann für drei oder fünf Tage auf eine ausgedehnte Jagd gehen und sie damit der Gefahr aussetzen würde, von anderen Männern ausgenutzt zu werden? Eine Lösung für all diese Probleme wäre, eine Partnerversicherung abzuschließen – sich nämlich einen Affärenpartner als Ersatzpartner zu suchen.

Die Koevolution der Eifersucht

Auf diese adaptive Tendenz folgt die adaptive Reaktion der Männer, erklärt Buss weiter, das heißt die Entwicklung von für den Kampf entwickelten speziellen Spermienformen – den Kampfspermien, die wesentlich größer als die anderen sind –, und die Konkurrenten überlisten sollen.

Darüber hinaus entwickelten sowohl Männer wie auch Frauen koevolutionär immer feinere Antennen, um Bedrohungen der Sicherheit zu entdecken und potenzielle Gefahren – wie Verlust von Ressourcen und Schutz sowie die Investition in die Pflege von Kuckuckskindern – zu vermeiden.

Die Komplexität der Bedrohungen

Die Komplexität der emotionalen Reaktionen, die unter dem Begriff Eifersucht zusammengefasst werden, spiegelt die Komplexität der Bedrohungen wider, mit denen man umgehen muss.

  • Die Schädigung des Rufs ist nur der Anfang der Probleme, die durch die Untreue eines Partners entstehen.
  • Weitere Probleme sind unter anderem die Infragestellung der eigenen Attraktivität als Partner*in,
  • der Verlust des Vertrauens in den*die Partner*in,
  • Gefahren für das Wohlergehen der Kinder,
  • der Verlust der Investition des Partners,
  • die mögliche Zerrüttung der über Jahre hinweg aufgebauten familiären Bindungen und vieles mehr.

Eifersucht ist ein so komplexes Gefühl, weil die damit verbundenen Probleme so viele verschiedene Komponenten umfassen.

Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass Eifersucht nur insofern ein negatives Gefühl ist, als sie psychische Schmerzen verursacht. Männer und Frauen erleben sehr unterschiedliche Emotionen, wenn sie eifersüchtig sind: Schmerz, Kummer, Selbstvorwürfe, Unterdrückung, Angst, Verlust, Traurigkeit, Besorgnis, Wut, ruhelose Unruhe, Demütigung, Scham, Erregung, sexuelle Erregung gegenüber dem Partner, Furcht, Depression und Verrat.

Eifersucht ist aber ebenfalls ein äußerst nützliches Bewältigungsinstrument, wenn wir verstehen, dass sie dazu dient, mit realen Bedrohungen für Beziehungen umzugehen.

Psychologische und neurobiologische Aspekte der gefährlichen Leidenschaft 

Psychologen haben verschiedene Faktoren und Aspekte identifiziert, die das Entstehen von Eifersucht erklären können. Darunter finden sich folgende:

  • Unsicherheit und geringes Selbstwertgefühl: Ein Mangel an Selbstwertgefühl ist ein Hauptauslöser für Eifersucht. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl fühlen sich oft nicht gut genug und fürchten, ersetzbar zu sein, was Ängste vor dem Verlust einer Beziehung verstärkt.
  • Verlustangst: Die Angst, eine geliebte Person oder eine wichtige Beziehung zu verlieren, ist der Kern der Eifersucht. Sie kann ihren Ursprung in früheren Erfahrungen von Vernachlässigung oder Verrat haben.
  • Besitzdenken: Eifersucht ist oft mit dem Wunsch verbunden, den Partner zu kontrollieren oder zu besitzen, was aus der Angst vor Verlust oder Einsamkeit entsteht.
  • Unsicheres Bindungsmuster: Personen mit einem unsicheren Bindungsmuster neigen eher zu Eifersucht. Ihre Erfahrungen in der Kindheit können zu einer tief sitzenden Angst vor dem Verlassenwerden führen.
  • Botenstoffe: Die Bildung von Eifersuchtsgefühlen steht im Zusammenhang mit der Ausschüttung von Neurotransmittern wie Dopamin (Belohnung) und Serotonin (Stimmung). Ein Ungleichgewicht dieser Stoffe kann insbesondere bei krankhafter Eifersucht eine Rolle spielen.

Sozialkonstruktivistische Perspektive

Diese Sichtweise argumentiert, dass die Art und Weise, wie Eifersucht erlebt und ausgedrückt wird, nicht universell ist, sondern von den Normen und Werten einer Gesellschaft beeinflusst wird.

Untersuchungen haben gezeigt, dass das Ausmaß der geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf Eifersucht in verschiedenen Kulturen variieren kann, was darauf hindeutet, dass die Kultur eine bedeutende Rolle bei der Prägung dieser Unterschiede spielt.

Eifersucht und Patriarchat

Eifersucht und Patriarchat sind eng verknüpft, da patriarchale Strukturen oft Eifersucht verstärken, indem sie Männer zu Besitzdenken und Kontrolle drängen. Während Eifersucht auch universelle menschliche Bedürfnisse nach Sicherheit und Anerkennung widerspiegelt, wird sie im Patriarchat durch die Idee der männlichen Dominanz und weiblichen Unterordnung verzerrt und zu einem Werkzeug der Machtausübung.

Eifersucht im Patriarchat vs. adaptive Eifersucht

Eine patriarchal geprägte Eifersucht ist oft mit dem Anspruch verbunden, das Eigentum zu schützen, und manifestiert sich in aggressivem Kontrollverhalten und der Abwertung des*der Partner*in. Das aggressive Verhalten kann bis zur Gewalt und zum Femizid eskalieren.

Adaptive Eifersucht kann hingegen aus Verlustangst oder aus dem Gefühl entstehen, dass Zuneigung und Ressourcen geteilt werden. Dies führt oft unweigerlich zu einer wahrgenommenen Drohung der eigenen Sicherheit innerhalb der Beziehung. Das Grundbedürfnis nach Sicherheit wird durch die – reale oder gefühlte – Drohung stark erschüttert.

Fazit

In dieser kurzen Zusammenfassung sind einige Faktoren und Ursachen, die Eifersucht verursachen können, aufgezeigt worden.

Wie so oft bei dem Versuch, menschliches Erleben und Verhalten zu begreifen, sind wir auch hier mit der Tatsache konfrontiert, dass es keine eindeutige Antwort gibt.

Die Frage, ob Eifersucht tatsächlich eine adaptive Eigenschaft ist, die wir Menschen entwickelt haben, um die Ressourcen zu bündeln, die notwendig sind, um die nächste Generation in Sicherheit aufwachsen zu lassen, oder das Ergebnis von Entwicklungstraumata des Einzelnen oder die Konsequenz von patriarchalischen Strukturen, bleibt wahrscheinlich unbeantwortet. Was bleibt, ist, dass Eifersucht eine gefährliche Leidenschaft ist, die – fast – jede Person einmal im Leben erlebt hat und die sehr tief die Sicherheit und das Selbstwertgefühl erschüttert.

Wenn Du mehr über die adaptive Entstehung von Eifersucht erfahren möchtest, empfehle ich das Buch von David Buss: „The Dangerous Passion: Why Jealousy Is as Necessary as Love and Sex“