Blue Balls oder Kawalierschmerzen
Blue Balls (und blaue Vulva), das Phänomen der epididymalen Hypertension und Vasodilatation
Das ist ein scheinbar weit verbreitetes Phänomen, das – wie wir sehen werden – nicht nur Männer betrifft. Bereits Wilhelm Reich, Schüler von Freud und Gründer der körperorientierten Psychotherapie, erwähnt dieses Phänomen in seinem Buch über die Funktion des Orgasmus. In einer Studie der Oxford University Press wird aktuell über das Problem der Blue Balls – oder Kavalierschmerzen – berichtet. Diese Begriffe sind umgangssprachliche Bezeichnungen für epididymale Hypertension.
Dieses Problem äußert sich in ein Gefühl des Unbehagens, das die Hoden befällt, die nach der Vasodilatation durch Erregung keine sexuelle Entladung erreichen. Diese Art der Gefäßerweiterung tritt auch bei Frauen auf, und das Unbehagen wird in der Wissenschaft als ›Blaue Vulva‹ bezeichnet. Obwohl es außer der im April 2023 veröffentlichten Studie kaum medizinische Literatur zu diesem Thema gibt, viele glauben nicht an die Existenz dieses Phänomens. Sicher ist, dass bestimmte körperliche Beschwerden bei beiden Geschlechtern in den Situationen auftreten, wenn nach starker und längerer Erregung keine Entladung stattfindet. Diese Beschwerden stellen allerdings keine medizinischen behandlungsbedürftigen Probleme dar. Sie sind eher das Ergebnis von angestauten Erregung, die man*frau relativ einfach durch das Erreichen eines Orgasmus entladen kann.
Die Studie zeigt jedoch eine beunruhigende Eigenschaft von Blue Balls auf, nämlich dass dieser Zustand ein begrüßenswertes Motiv und eine passende Erklärung für den Wunsch nach Sex darstellt. 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich unter Druck fühlen, mit ihren Partnern Sex zu haben.
Können Genitalien blau werden? Sollte man sich Sorgen machen?
Bei sexueller Erregung wird ein unwillkürlicher physiologischer Prozess ausgelöst, bei dem die Venen Blut in die Genitalien pumpen, die mit zunehmender Erregung anschwellen. Der langsame Abfluss des Blutes nach sexueller Erregung ohne Orgasmus kann durch die Erhöhung des lokalen Blutdrucks Schmerzen verursachen.
Aus der Studie geht hervor, dass 56 % der Männer über Schmerzen bei der Annäherung an den Orgasmus ohne Ejakulation berichteten. 42 % der Frauen sagten dasselbe, wobei die Schmerzen von Person zu Person variieren. Das Ausbleiben des Orgasmus kann eine anhaltende Stauung verursachen und zu Unbehagen und Schmerzen führen. Dies führt zu einer leichten Färbung, die dem Phänomen seinen umgangssprachlichen Namen gibt. Die Genitalien färben sich jedoch nur selten blau (in diesem Fall sollte ein*e Ärzt*in aufgesucht werden).
Der beunruhigende Aspekt von Blue Balls: sexuelle Nötigung
In einem Kapitel der erwähnten Studie über Blue Balls and Sexual Coercion untersuchten die Forscher*innen einen besonderen Aspekt dieses Phänomens. Sie fokussierrten die Rolle dieser Beschwerde bei dem Versuch, Partner*innen davon zu überzeugen, den Geschlechtsverkehr fortzusetzen oder zu vollziehen, um ›Schmerzen‹ zu vermeiden, und/oder aus Angst davor und vor den möglichen Konsequenzen. Vor allem männliche Partner würden Blue Balls als Beweggrund verwenden, um den Entscheidungsprozess ihrer Partnerin in Richtung Zustimmung zum Sexualakt zu lenken. Dabei wenden sie in Wirklichkeit eine Form von Nötigung an. Vierzig Prozent der in der Studie befragten Frauen gaben an, dieser Art von Druck ausgesetzt gewesen zu sein, im Gegensatz zu Männern (nur 4%).
Was tun bei Blau Balls Bälle oder blauer Vulva? Lösungen zur Linderung
Die einfachste Lösung, um den Druck und die Schmerzen loszuwerden, ist eindeutig ein Orgasmus. Im Jahr 2023 weiß jede*r, dass man*frau, nicht unbedingt eine*n Partner*in braucht, um sexuelle Spannungen loszuwerden. Sextoys und Autoerotik bieten ebenso vergnügliche Nebenwege. Die Studie zeigt, dass die gleiche befreiende Wirkung des Orgasmus bei Personen, die unter ›blauen‹ genitalen Beschwerden leiden, durch Autoerotik, Atemtechniken, eine kalte Duscheeintreten kann… Also, keine Ausreden mehr bitte!
Zur Vertiefung geht es hier weiter: Hilfe, ich komme nicht richtig!