Besseren Sex durch Achtsamkeit
„Besseren Sex durch Achtsamkeit“ ist der vielversprechende Titel des Buches der Psychologin Lori Brotto, wenn es darum geht, sexuelle Probleme – vor allem von Frauen – durch die Praxis der Achtsamkeit zu lindern, die Kunst wertfreier und liebevoller Wahrnehmung dessen, was gerade ist (und nicht dessen, was sein sollte). In diesem Artikel fasse ich die Grundideen dieser Praxis zusammen, wie von Lori Brotto in ihrem Buch beschrieben.
Wie können wir Achtsamkeit lernen?
Wir können Achtsamkeit lernen und dabei besseren Sex haben, wenn wir folgendes praktizieren:
- Wir lenken die Aufmerksamkeit nach innen
- Wir fokussieren unsere Körperempfindungen: Atem, Wärme, Kühle, Druck, Spannung, Kitzel etc.
- Wir nehmen so genannte ›ablenkende‹ Gedanken und Emotionen wahr und
- Lassen diese weiter ziehen, in dem Moment, wenn wir uns dessen bewusst werden, dass sie uns abgelenkt haben
- Wir betrachten solche Ablenkungen als mentale Erscheinungen, als Nebenprodukt des Gehirns – und
- Widmen uns erneut den körperlichen Empfindungen im Hier und Jetzt
Lustlosigkeit durch Achtsamkeit überwinden
Viele Menschen – vor allem Frauen – beklagen, keine Lust auf Sex zu haben. Sie erwarten, vom Begehen erfasst zu werden und wenn dies nicht automatisch passiert, ziehen sie sich um so mehr zurück. Oft machen sie sich Selbstvorwürfe, weil sie scheinbar ›mangelhaft‹ funktionieren. Was sie dabei nicht beachten, ist dass viele Frauen ein so genanntes responsives Verlangen erleben. Dieser Begriff stammt von Rosemary Basson, Expertin u.a. in weiblicher Sexualität an der University of Britisch Colombia. Sie beschreibt es so: für einige Menschen ist es zentraler, dass sie sich auf für sie erregende Reize und Empfindungen fokussieren und erst dann entsteht – als Antwort – das Begehren, die psychologische Lust. Viele Frauen erwarten eine ähnliche Reaktion wie beim Mann, bei dem fast gleichzeitig sowohl Erregung als auch Lust entsteht. Dadurch hemmen sie sich selbst, indem sie in negativen Gedanken verharren anstatt sich auf die körperlichen Emfpindungen zu fokussieren.
Ablenkende Gedanken und Gefühle erkennen
Um dies zu erreichen, nutzen wir die Fähigkeit, fokussiert und wohlwollend unsere körperliche Empfindungen wahrzunehmen. Dabei lernen wir, ablenkende und wertende Gedanken sowie damit assoziierten negativen Gefühle vorbeiziehen zu lassen. Denn der Körper durchaus reagiert, aber der Kopf es nicht merkt. Je mehr wir lernen, auf sexuelle Stimuli zu achten, desto mehr verbessert sich die Gehirn-Körper-Kommunikation in einer Weise, die sexuelles Verlangen auslösen könnte. Je häufiger uns gelingt, uns von wertenden Gedanken frei zu machen desto größer wird die Chance, dass sich die durchaus vorhandene körperliche Reaktion überhaupt entfalten können.
Masters und Johnson postulierten, dass die meisten sexuellen Funktionsstörungen auf Angst zurückzuführen sind. Sie prägten den Begriff „Spectatoring“, bei dem sich eine Person beim Sex aufmerksam – und leider oft kritisch – beobachtet und sowohl die eigene Leistung als auch die des*der Partners*in beurteilt, anstatt sich auf die Begegnung einzulassen. Spectatoring wird mit Angst, negativer Beurteilung und Sorgen über die Gedanken und das Verhalten des*der Partners*in in Verbindung gebracht.
Lieber früher als später …
Wir sollten auch nicht all zu viel Zeit verstreichen lassen, denn je mehr wir körperlichen Kontakt vermeiden, desto unwahrscheinlicher wird es, dass unser Körper sich an die Erregungszeichen erinnert, was es ihr noch schwerer macht, sexuell erregt zu werden.
… eine Pause einlegen
Zu viel im Kopf, multitasking sein, ist leider laut Neurowissenschaftler*innen nicht so produktiv, wie wir glauben. Dieser Begriff selbst ist eine falsche Bezeichnung, weil wir nicht wirklich multitaskingfähig sind oder mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen. Wir wechseln zwischen den Aufgaben in rascher Folge hin und her. Dieser schnelle Wechsel ist mit einer ›kognitiven Belastung‹ oder einem gewissen Maß an geistiger Anstrengung verbunden. Jeder ›Wechsel‹ ist mit einer Beeinträchtigung der Verarbeitungsfähigkeit und -geschwindigkeit unseres Gehirns verbunden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Anwesenheit von Telefonen und anderen elektronischen Geräten, die z. B. E-Mail-Benachrichtigungen ausgaben, eine erhebliche Ablenkung verursachte, die in etwa einem Rückgang des IQ um 10 Punkte entsprach. Dementsprechend ist es wichtig zu lernen, immer mehr und immer wieder zu entschleunigen und uns auf den Moment zu fokussieren, gerade wenn es um Sex geht. Zu viele ablenkenden Gedanken bringen uns weg vom Fühlen.
Lernen, mit negativen Emotionen sowie ablenkenden Gedanken umzugehen, indem wir die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung sinnlicher Empfindungen lenken, ist von zentraler Bedeutung, um die ›Anwesenheit‹ im Körper zu erweitern und der Hauptschlüssel zu mehr Lust auf und beim Sex. Achtsamkeit verbessert den Sex!
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Sex und Achtsamkeit – Sexualität, die das ganze Leben berührt
Sinnliche Intimität – berühren und berührt werden
Quellen
Lori Brotto – Better Sex through mindfulness